
Rückblick Nationales Forum Frühe Bildung 2025
Zwischen spannenden Keynotes, ausgiebigen Diskussionen und neuen Erkenntnissen: Das war das Nationale Forum Frühe Bildung vom 3. bis 4. Juni 2025 in Heilbronn!
Frühe Bildung gemeinsam gestalten – Wissen nutzen, Qualität sichern, Teilhabe stärken
Am 3. und 4. Juni 2025 fand in Heilbronn das 1. Nationale Forum Frühe Bildung (NFFB) unter der Frage „Was braucht die Kita in der Einwanderungsgesellschaft?“ statt. Neben dem Fachdiskurs ist es ein Ziel des Forums, Expert*innen aus Wissenschaft, Praxis, Politik, Verwaltung, Trägern und Zivilgesellschaft in einen intensiven Dialog zu bringen, um Lösungsansätze zu identifizieren. Beim diesjährigen Auftakt des Forums ist genau dies gelungen und wir konnten vielfältige Perspektiven zusammenbringen. Gewünscht hätten wir uns gerade für diesen Themenschwerpunkt noch mehr migrantische Positionen und Stimmen. Eine Leerstelle, die wir in Zukunft dringend füllen müssen, wenn wir über Teilhabe und Chancengleichheit sprechen wollen.
Was in den 24 Stunden in Heilbronn schnell deutlich wurde: Bei der Frage, was die Kita in der Einwanderungsgesellschaft braucht, müssen die Kinder mit ihren Bedarfen und ihre Familien im Zentrum stehen. Damit stellen sich zugleich die großen Systemfragen. Neben einschlägigen Diskussionen zur Sprachbildung, Diskriminierung und Zugangsbarrieren bei der Kitaplatzsuche sowie beim Übergang in die Schule stellten sich schnell auch Fragen nach Kitaplatzausbau, Finanzierung, Fachkräftemangel, Qualitätssicherung und dem Zusammenarbeiten von Trägern, Verwaltungen und Politik.
Diskutiert wurde über die Frage, wie mehrsprachig aufwachsende Kinder beim Erwerb der deutschen Sprache unterstützt werden können und inwiefern Verfahren der Sprachstandsdiagnostik dabei helfen können. Eine Herausforderung ist die Vielfalt der Verfahren und dass Tests Mehrsprachigkeit und kulturelle Vielfalt nicht ausreichend berücksichtigen. Mehrsprachigkeit wird zu oft noch als Problem angesehen.
Gleichzeitig sind Deutschkenntnisse eine wichtige Voraussetzung für den Übergang in die Schule und im weiteren Bildungsverlauf. Damit der Übergang gelingt, braucht es aber auch ein gemeinsames Bildungsverständnis zwischen Kita und Grundschule und ein Bildungsmonitoring über Bildungsetappen hinweg.
Diskutiert wurde auch, welche Rolle die Fachkräfte dabei spielen. Diese müssen gezielter für Sprachstandserhebungen und die Förderung der Kinder geschult sein. Gleichzeitig steht das System massiv unter Druck und die Belastung der Fachkräfte ist enorm hoch. Eine gute Prozessqualität geht außerdem nicht ohne Strukturqualität. Dabei geht es auch um die Frage nach datengestützter Qualitätsentwicklung. Viele Daten liegen bereits vor, werden aber noch unzureichend genutzt.
Blickt man über den Tellerrand, zeigt sich: Es geht auch anders. So ist eine gute Prozessqualität vor allem in Schweden, Norwegen und Dänemark unabhängig vom sozialen Hintergrund der Kinder. In diesen Ländern ist eine frühe Bildungsbeteiligung außerdem besonders hoch. Gründe hierfür sind unter anderem bessere Verfügbarkeit von Plätzen und leichtere Anmeldeverfahren, Gleichstellung der Geschlechter, geringe Kosten und die gesellschaftliche Akzeptanz der frühen Bildung als Teil des Bildungssystems.
Damit dies auch in Deutschland gelingt, könnte die seit Kurzem in einem Ministerium vereinte Kompetenz von Schulbildung und Früher Bildung auf Bundesebene helfen. Gleichzeitig stehen die Bundesländer vor teils sehr unterschiedlichen Herausforderungen, beispielsweise der Geburtenrückgang und damit zusammenhängende herausfordernde Fachkraft-Kind-Schlüssel im Osten, fehlende Kita-Plätze im Westen. Bei der Weiterentwicklung des Kita-Systems ist eins klar: Das Kind sollte im Zentrum stehen und Bildung von 0 bis 18 gedacht werden. Dafür braucht es eine Verantwortungsgemeinschaft zwischen allen beteiligten Akteuren.
Gemeinsam handeln – mit Haltung und System
Der Austausch auf dem Forum machte deutlich: Die Akteure teilen eine Vision – gute frühe Bildung für alle Kinder, unabhängig von Herkunft und Wohnort. Entscheidend ist jetzt, das Wissen in die Umsetzung zu bringen, die Systemgrenzen zu überwinden und neue Allianzen zu schmieden.
Der stimmungsvolle Abendempfang, zu dem Prof.in Dr. Bärbel Renner von der Dieter Schwarz Stiftung sowie Staatssekretär Volker Schebesta MdL (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg) ein herzliches Willkommen aussprachen, bildet einen symbolischen Auftakt für dieses Vorhaben. In ihrer Begrüßung erinnerten sie daran, dass Zukunft immer gestaltbar ist – wenn Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Ein Zitat der Soziologin Eva Illouz brachte es auf den Punkt:
„Wer Zukunft denkbar macht, kann Menschen zum Handeln bewegen.“
Ein starker Impuls für ein gemeinsames Weiterdenken – über Ressortgrenzen und Systemlogiken hinweg. Das Nationale Forum Frühe Bildung war ein Anfang. Jetzt gilt es, dranzubleiben.
Einen stimmigen Rahmen für das Forum bot der Bildungscampus der Dieter Schwarz Stiftung – ein Ort, der wie geschaffen ist für den Austausch über frühe Bildung, gesellschaftliche Verantwortung und Innovation. Der Campus bot nicht nur ideale räumliche Bedingungen, sondern vor allem eine Atmosphäre, die Dialog, Perspektivwechsel und gemeinsames Weiterdenken auf besondere Weise ermöglicht. Das Nationale Forum Frühe Bildung hat damit einen Ort gefunden, der inhaltlich und kulturell bestens zu seiner Zielsetzung passt.
Ihr Ansprechpartner

Als Strategieexperte und Moderator mit jahrzehntelanger Erfahrung führt Stephan Dorgerloh (er/ihm) Stiftungen wie Unternehmen durch komplexe Prozesse inhaltlichen und organisatorischen Wandels. Als früherer Kultusminister von Sachsen-Anhalt ist er erster Ansprechpartner für unsere Kernthemen Bildung und Demokratie, Kultur und Politik. Nach dem Nationalen Bildungsforum möchte er nun mit dem Nationalen Forum Frühe Bildung der jüngsten Generation jährlich eine Plattform schenken.